21.08.2020 | Holzkonstruktion wird denkmalpflegerisch restauriert, Außenputz wird zurückgebaut, Stufengiebel werden umgebaut.
Im Rahmen der bautechnischen Instandsetzung des Rathauses am Marienplatz finden zurzeit umfangreiche Restaurierungsarbeiten am historischen Dachstuhl statt. Parallel dazu
wird ebenfalls die Fassade saniert und mit Hochdruck an der Fertigstellung der Baumaßnahmen im 1. Stock gearbeitet. Annerose Maiwald und Dietmar Diehm vom städtsichen Amt für Architektur und Gebäudemanagement führten am Donnerstag, 20. August 2020 die Presse durch die wichtige Baustelle im Herzen Ravensburgs.
Die Deckenbalken und das Dachtragwerk des Rathauses sind im Wesentlichen im 14. Jahrhundert erstellt worden. Interessant sind etwa die vorgefundenen "Bundzeichen" von verschiedenen Zimmerleuten aus der Bauzeit um 1387. Die Befunde zeigen, dass das Dachwerk ohne einheitlichen Bauplan gezimmert wurde. Diese eilige Bauweise ist nach Ansicht von Fachleuten selbst für die damalige Zeit ungewöhnlich.
Die vorhandenen Schäden am Dachstuhl wurden bei früheren Sanierungen nur behelfsmäßig repariert. Deshalb wird die baugeschichtlich bedeutende Holzkonstruktion nach heutigen denkmalpflegerischen Gesichtspunkten restauriert, auch um Kosten für spätere Rückbaumaßnahmen zu vermeiden. Besonders vorsichtig muss beim Austausch von Deckenbalken vorgegangen werden, damit die daran befestigte Stuckdecke aus den 30-er Jahren nicht beschädigt wird. Aus diesem Grund wurde die gesamte Deckenfläche im zweiten Obergeschoss mit Schaltafeln abgestützt.
An der Fassade wird derzeit der Außenputz zurückgebaut. Die verschiedenen Putzlagen aus den letzten Sanierungen leiden unter Rissbildungen und Algenbewuchs, weshalb diese Putzschichten entfernt und historische Funde dokumentiert werden. So wurden am Ostgiebel kaum noch erkennbare Reste einer schwarzen Rankenbemalung entdeckt, die sich wahrscheinlich im Bereich des Stufengiebels und rund um die Fensteröffnungen befand.
Die Stufengiebel selbst müssen übrigens auch umgebaut werden. Diese "Zinnen" des Rathauses sind quasi falsch herum eingedeckt. Die Ziegelwannen leiten das Regenwasser nicht, wie es richtig wäre, nach innen über die Dacheindeckung in die Entwässerung, sondern nach vorne über die Fassade. Die Folge: Durch die nach außen geneigten Stufen der beiden Rathausgiebel kam es über die Zeiten immer wieder zu Nässeschäden an der Fassade. In Zusammenarbeit mit der Denkmalbehörde wurde deshalb entschieden, die Neigung der Stufen in Richtung Dachfläche zu drehen, um weiteren Schaden an den Giebelwänden abzuwenden - analog den benachbarten historischen Gebäuden wie dem Waaghaus und dem Lederhaus. Durch diese Maßnahme wird das Rathaus sogar etwas "wachsen": Gut 30 Zentimeter werden die Giebelstufen höher sein und das historische Rathaus vielleicht sogar etwas "schlanker" wirken lassen.
Die Baumaßnahme am denkmalgeschützten Rathaus dauert voraussichtlich noch mindestens bis ins Frühjahr 2021, die Kosten der Außensanierung betragen rund 1,8 Millionen Euro.