Die Landvogtei Schwaben hat nur wenige Hexenprozesse erlebt, die jedoch wie in einem Brennspiegel gebündelt wichtige Probleme der Hexenverfolgungen insgesamt aufzeigen. Der Historiker Prof. Dr. Dillinger wird in seinem Vortrag "Werwölfin, Kinderhexen und Blutreliquie. Die Hexenverfolgung in der Landvogtei Schwaben im 16. und 17. Jahrhundert" die Strukturen der Anklage sowie die politische Bedeutung der Verfolgungen an lokalen Beispielen darlegen.
Vor dem Vortrag besteht um 18 Uhr die Möglichkeit einer Führung durch die Sonderausstellung.
Konkrete Anklagen wegen Hexerei gingen in Schwaben ähnlich wie in ganz Deutschland nicht auf kirchlichen Einfluss zurück, sondern auf Gerüchte um schädigende Magie, die unter den ‚normalen‘ Leuten, den Bauern und Bürgern, umliefen. Im Raum Altdorf sprachen diese Gerüchte u.a. von krank gehexten Kindern, von gestohlenen Hostien und von Werwölfen. Ein Wahrsager behauptete, er könne dank seiner magischen Kräfte die vermeintlichen Hexen erkennen. ‚Gute‘ Magier kämpften also gegen ‚böse‘ Magier. Eine besondere Rolle spielten in der Region Hexereianklagen gegen Kinder.
Die Hexenverfolgungen waren in doppelter Hinsicht politisch. Erstens lässt sich gerade im Raum Altdorf zeigen, dass politische Konflikte im Hintergrund mancher Hexereianklagen standen. Zweitens muss bedacht werden, dass Hexenprozesse als Prozesse nur unter bestimmten politischen und administrativen Umständen durchgeführt werden konnten. Die extreme politische Schwäche der Landvogtei Schwaben hat dazu beigetragen, dass dort vergleichsweise wenige Hexenprozesse geführt werden konnten.
Eine Besonderheit in der Landvogtei Schwaben ist der Einfluss, den der Heilig Blut Kult von Weingarten indirekt auf die Hexenprozesse hatte. Der Kult Weingartens hat dazu beigetragen, dass es in der Region zu wenigen Hexenprozessen kam. Missernten, die sonst oft als Hexerei erklärt wurden, hat Weingarten auf andere Weise gedeutet und damit den Hexenverfolgungen Energie entzogen.
Prof. Dr. Johannes Dillinger studierte in Tübingen und Norwich und promovierte in Geschichtswissenschaften an der Uni Trier. Dort und in Mainz unterrichtete er bis 1999 als Dozent. Dillinger forschte und lehrte über Jahre im Ausland: am Deutschen Historischen Institut Washington, an der Nehru Universität in Neu Delhi, an den amerikanischen Eliteuniversitäten Georgetown und Stanford. Derzeit ist er Universitätsdozent in Oxford und Mainz. Seine Forschungsschwerpunkte liegen unter anderem auf Magie und Hexenverfolgung.