09.05.2016 | Sind Sie bereit, ehrenamtlich Deutsch-Kurse zu geben? Das DRK freut sich über Unterstützung.
Lebhaft ist die Stimmung
im Heilig Kreuz Gemeindezentrum in Ravensburg: Es herrscht beinahe
babylonisches Sprachgewirr. Rund 35 Ehrenamtliche vom Deutschen Roten Kreuz
Ravensburg haben es sich zur Aufgabe gemacht, es zu entwirren und Flüchtlinge
aus Afghanistan und Iran in der deutschen Sprache zu unterrichten. Sowohl die
Schüler als auch die ehrenamtlichen Lehrer scheinen Spaß zu haben, umso mehr,
wenn sie Fortschritte verbuchen können.
Im Klassenzimmer geht es
rund. Es wird in verschiedenen Sprachen geredet und diskutiert.
Unterrichtsmaterialen, Kartei-Karten und Stifte sind ausgebreitet. Die große
Tafel ist vollgeschrieben. Frauen aus Afghanistan und dem Irak bekommen
Deutschunterricht. „Seit wann bist du in Deutschland?“ fragt Patrica Beyer eine
der Frauen. „Seit zwei Monaten bin ich in Deutschland“, sagt die junge Frau mit
dem hellen Haar und den dunklen Augen. Das „Z“ will ihr noch nicht hart genug
über die Lippen und klingt mehr wie ein „S“. Manche Worte kommen holprig. Wer
etwas nicht versteht, bekommt aber Hilfe von den anderen Frauen, die
übersetzen: entweder in ihrer Muttersprache – oft Farsi – oder in
Englisch. Patricia Beyer und Manuela Droll leiten und moderieren die beiden
Kleingruppen mit vier beziehungsweise drei Frauen. Die Klassengröße liegt bei
maximal zehn Personen.
Grund- und Aufbaukurse
Ruhiger ist es im Raum
nebenan. Dort lernt die 38-jährige Shirin aus Afghanistan im Grundkurs bei
Fredo Endres die deutsche Sprache. Zunächst ist sie die einzige Schülerin. Sie
ist erst seit Kurzem in Deutschland. Ihr schmales und konzentriertes Gesicht wirkt
etwas traurig, manchmal auch ratlos. Mit Fredo Endres übt sie sich zu
unterhalten über ihre Familie, Eltern, Brüder und Schwestern. „Sie müssen sich
präsentieren können“, ist er sich sicher. Bis es soweit ist, gibt es viele
Fallstricke der deutschen Sprache zu überwinden. Allein wenn die Mehrzahl von
Bruder gefragt wird. Dann macht der Umlaut die sprachlichen Schwierigkeiten
deutlich. Oder wenn im Aufbaukurs nebenan von Dativ und Akkusativ die Rede ist,
bei denen schon Muttersprachler an Grenzen kommen.
Dann stößt Zamira aus
Albanien zu der Grundkurs-Gruppe. „Sie wird bald abgeschoben werden“, meint
Endres mit Bedauern. Der Grund: Albanien gilt als sicheres Drittland. Dennoch
motiviert er Zamira, die deutsche Sprache weiter zu lernen auch „für das Selbstvertrauen“.
Vielleicht kann sie ihre Kenntnisse auch nutzen, um in Albanien Deutsch zu
unterrichten, versucht er ihr klarzumachen.
Sie wollen was bewegen
Die drei der 35
ehrenamtlichen Lehrer bescheinigen den Frauen durchweg eine hohe Motivation,
viel Engagement und Disziplin. Viele der Ehrenamtlichen sind berufstätig, wie
Patricia Beyer, die als Ärztin arbeitet, und Manuela Droll, die angehende
Lehrer unterrichtet. Fredo Endres ist offiziell im Ruhestand nach einem
bewegten Berufsleben. Ihr Ansprechpartner und Koordinator beim DRK ist
Christoph Sitta. „Seit Beginn des Angebots haben rund 70 Flüchtlinge an den
Kursen teilgenommen“, erklärt er. „In fünf Monaten sind über 500 Stunden für
die Sprachkurse zusammengekommen.“
Hohe Motivation
Die Unterrichtshefte hat die
Flüchtlingshilfe München e. V. entwickelt. Darin wird zweisprachig gearbeitet:
zum Beispiel Deutsch und Farsi oder Deutsch und Englisch. Morgens haben die
Frauen 1,5 Stunden Sprachunterricht, nachmittags die Männer. „Wir können nicht
leisten, was ein offizieller Sprachkurs leistet“, meint Patricia Beyer. Dennoch
sind diese Kurse wichtig, weil sie Sprache für den Alltag bieten und somit
wichtige Basis für die Integration sind. Sie bieten außerdem Abwechslung und
Tagesstruktur. Für die Flüchtlingsfrauen bedeutet es, mit anderen Frauen Zeit
verbringen zu können, was die meisten spürbar genießen. Die Männer passen in
der Zwischenzeit auf die Kinder auf, falls sie nicht im Kindergarten sind. Wenn
die Verständigung klappt, freut sich Fredo Endres. Dann weiß er, er und seine
Kolleginnen können „etwas bewegen“.
Kontakt:
Interessierte,
die ehrenamtlich Deutsch-Kurse geben wollen, können sich gerne melden bei:
Christoph Sitta, christoph.sitta@drk-ravensburg.de