18.10.2019 | Die neue Ausstellung im Kunstmuseum Ravensburg stellt malerische Werke von Asger Jorn und Filme von Nathalie Djurberg & Hans Berg in einen Dialog.
Sie haben
sich nie kennengelernt. Dennoch verbindet sie vieles: Asger Jorn, 1973
verstorben, und das schwedische Künstlerduo Nathalie Djurberg & Hans Berg,
beide 1978 geboren. Jorn gilt als der bedeutendste dänische Künstler des 20.
Jahrhunderts. Er war in unterschiedlichen Künstlergruppen vernetzt und enorm
produktiv. Die jungen Schweden Djurberg und Berg sind seit der Biennale Venedig
2009 dem internationalen Kunstpublikum ein Begriff. Mit ihren wundersamen
animalischen Geschöpfen aus Knetmasse produzieren sie Filme, die man nicht
vergisst. Mit seiner neuen Ausstellung "Mondjäger. Nathalie Djurberg &
Hans Berg im Dialog mit Asger Jorn" zeigt das Kunstmuseum Ravensburg
Gemeinsamkeiten in den Werken dieser nordischen Künstler auf.
Sphärische Klänge mit harten Bässen durchziehen das Kunstmuseum Ravensburg. Der Sound entführt in einer Reise ins Unterbewusstsein. Auf drei Stockwerken werden acht Filme von Djurberg & Berg 48 kraftvollen Werken des facettenreichen Künstlers der europäischen Avantgarde, Asger Jorn, gegenübergestellt. Der Schwerpunkt liegt dabei auf seinem malerischen Werk der 50-er und 60-er Jahre. Ein Teil davon stammt aus der Sammlung Selinka, ein Teil sind Leihgaben aus renommierten Sammlungen. Dieser erstmalige beispielhafte Zusammenschluss der beiden Künstlergenerationen wurde von der Kulturstiftung des Bundes und der Baden-Württemberg-Stiftung gefördert.
Die bunt schillernden Animationsfilme von Djurberg & Berg, die zwischen 2008 und 2018 entstanden sind, werden auf große und kleine Wandflächen projiziert. Besucher können auf gemütlichen Sofas und auf Bänken Platz nehmen, um sich von den verstörenden animalischen Geschöpfen und den traumartigen Szenen in den Bann ziehen zu lassen. Da kriecht im Film "Am I Allowed To Step On This Nice Carpet" ein knallig roter Satan über eine bunte, kuschelige Kissenlandschaft. In anderen Stop-Motion-Filmen fletscht ein grünes Krokodil mit rot leuchtenden Augen die Zähne, ein Priester durchschreitet mit seinem Weihrauchkessel ein Bordell. Die kreatürlichen Mischgestalten aus Knete, von der Künstlerin geformt, verkörpern Triebhaftigkeit und Brutalität, Verlockung und Macht. Immer geht es um Tier und Mensch, um seine ständige Verwandlungsfähigkeit. Das Tier stehe für das das Irrationale und Triebhafte des Menschen, das normalerweise im Verborgenen liegt, erklärt Museumsleiterin Ute Stuffer. In den Filmen tritt es in einer brutalen Realität zum Vorschein.
Um Mischwesen aus Mensch und Tier, die die Bildwelten bevölkern, geht es auch bei Asger Jorn. Seine Bildsprache zwischen Abstraktion und Figuration zeigt deren permanenten Wandel – je nach Blickwinkel. Der vielseitige Künstler, der u. a. die Künstlergruppe CoBrA mitbegründet hat, sah es als seine Aufgabe, alle Extreme in ein Bild zu fassen: das Schönste ebenso wie das Hässlichste, Abgründiges und Humorvolles, Macht und Ohnmacht.
Die Gemeinsamkeiten und Parallelen der Werke von Asger Jorn und der Filme von Nathalie Djurberg & Hans Berg werden in der Schau offensichtlich: außergewöhnliche Kreaturen zwischen Mensch und Tier mit großen Glubschaugen, die einem permanenten Wandel unterzogen sind, stehen im Mittelpunkt der extrem farbmächtigen Bildwelten. Auch Asger Jorns Humanismusbegriff ist in der Ausstellung zu finden: "Wir müssen uns selbst als menschliche Tiere beschreiben. Das ist unser Weg."
Asger Jorn, Eine-CoBrA-Gruppe, Sammlung Selinka
Die Entwicklung des Werks während des Schaffensprozesses zeichnet die skandinavischen Künstler beider Generationen aus: Asger Jorn stand gerne ohne Idee im Kopf vor einer weißen Leinwand und ließ sich während des Malens inspirieren. Entstanden sind großartige und extrem farbmächtige Werke. Auch Nathalie Djurberg, die Hans Berg 2004 in Berlin kennengelernt hat, entwickelt ihre Filme spontan und intuitiv, ohne fertige Story im Kopf. Ihr künstlerisches Schaffen sieht sie als Obsession, die tief in ihr steckt. Alles, was sie für ihre irrealen, oft grausam anmutenden Szenen braucht, stellt sie selbst her – von den Figuren aus Knetmasse, Ton, Stoff und Kunsthaar über die Kostüme und die Schauplätze. Hans Berg schafft zu den traumähnlichen, grotesken Bildwelten die atmosphärische Musik, die das Geschehen im Film unterwandert oder verstärkt. Diese Kombination ist neu in der Kunstwelt und absolut sehenswert. (juwi)
Nathalie Djurberg und Hans Berg I Am Saving This Egg For Later II
Mehr Details zur Biographie und zu den einzelnen Werken Asger Jorns und den
Filmen des Künstlerduos Nathalie Djurberg & Hans Berg erfahren Besucher bei
den aufschlussreichen Führungen im
Kunstmuseum.
Führungen:
https://www.kunstmuseum-ravensburg.de/km/kunstvermittlung/index.php
Mehr Informationen zur Ausstellung "Mondjäger" finden Sie auch im Veranstaltungskalender.