In seinem Roman “Frohburg„ entwirft Guntram Vesper ein Porträt deutschen Lebens im 20. Jahrhundert. Er hat seinem Heimatort bereits 1985 einen Lyrikband gewidmet, nun 30 Jahre später folgt ein 1008 Seiten, in jedem Sinne starkes Buch.
“ Möbel. Zimmerwände. Tür. Der lange schmale Korridor. Braunes Linoleum. Halb-dunkel. Widerhall der Schritte. Die Steintreppe abwärts. Unten Eingangshalle. Der Quergang … Weißgefleckt der Hund des Gastwirts, Dreibein, blind, nach allen Seiten horchend“. So beginnt das opus magnum, eines Wortebewahrers. Worte, deren Geruch und Geschmack sich sofort hinzugesellen. Vespers Sätze und Gedanken mäandrieren, wie ein naturbelassenes Flussbett, er erzählt die Geschichte Deutschlands in einer derart dichten Sprache, wie wir sie von Peter Kurzeck oder Uwe Johnson kennen.
Der Autor wurde 1941 in Frohburg, südlich von Leipzig geboren. 1957 floh die Familie nach Westdeutschland. Dieses nicht so besondere Schicksal bekommt in diesem Roman einen symbolischen Zusammenhang. Der Autor gibt sich persönlichen Erinnerungen hin, die oftmals mit historischen Ereignissen verwoben sind. Wir Leser mögen gern folgen, weil in jedem von uns eine fast vergessene Zeit anklingt. Wir folgen Kindheitserinnerungen, die sich hier in der Kleinstadt mit Anekdoten aus dem Literaturbetrieb, Briefkontakten und Begegnungen mit Autoren mischen, zu einem manchmal anstrengenden, immer packenden Erzählstrom. Einige Erzählstränge enden im Irgendwo, vielleicht auch in unserer eigenen Geschichte. Die persönlichen Erlebnisse berühren stets die deutsche Nachkriegsrealität, die Identität eines Landes einer Landschaft. Mitten in Frohburg befinden wir uns in einem sehr persönlichen Abenteuerroman, mitten im Abenteuer Leben, das kann auch mal bedeuten: viel Zeit für Details, genaues Beleuchten einer Situation, ausuferndes Erzählen um Wunderbares, Seltsames, Seltenes zu bewahren.
Guntram Vesper hat über seine gesamte Lebenszeit Geschichten und Worte gesammelt und nun dürfen wir dabei sein beim Heben eines Schatzes.